Auf ein Wort / Lesepredigten
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1. Sonntag Nach Trinitatis
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2. Sonntag vor der Passionszeit
3. So. vor der Passionszeit
4. So. vor der Passionszeit
letzter Sonntag nach Epiphanias
3. Sonntag nach Epiphanias
2. Sonntag nach Epiphanias
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Reformationstag 2021
20. So. n. Trinitatis
Die ersten beiden Lesungen des heutigen Sonntags sind eindeutig:
In der Lesung aus dem 1. Buch Mose ist klar der Wille Gottes für den Bestand der Schöpfung erkennbar. Am Ende steht der Bogen Gottes, der Regenbbogen, der uns daran erinnern soll.
In der Evangelienlesung (Mk 10, 2-9) scheint auch alles klar. Auch hier wird auf den Schöpferwillen verwiesen. Gott schuf den Mensch als Mann und Frau – und so gehören sie in ihrer Verschiedenheit zueinander. So einfach ist das. So einfach ist es nicht, wie wir alle wissen. Und das weiß auch schon die hebräische Bibel und davon sprechen auch viele Texte aus dem neuen Testament. So etwa Paulus in dem zum heutigen Sonntag gehörenden Briefabschnitt: Gott, hat uns auch tüchtig gemacht zu Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig (2. Kor3,6)
Heute wird nun mit einem Predigttext aus einem selten gepredigten Buch die Widersprüchlichkeit, das Spannungsverhältnis des Lebens aufgeblättert und mir vor Augen geführt, der ich es doch am Liebesten auch etwas klarer und einfacher hätte.
Das Buch des Predigers Salomo, in der jüdischen Bibel auch Kohelet benannt, deutsch = „Der Versammler“ steht im Mittelpunkt des heutigen Gottesdienstes.
In der jüdischen Gemeinde wird zum Fest Sukkot, dem Laubhüttenfest daraus gelesen. Warum der Autor/ die Autoren es Buch Kohelet genannt haben ist nicht ganz klar, aber klarer ist, was es für eine Rolle spielt:
Eben diese: die ganze Fülle des Lebens, der Schöpfung und damit des Schöpferwillens zu versammeln. Und so braucht man nur durch dies Buch Kohelet hindurchblättern und man erkennt in der Widersprüchlichkeit der Aussagen die Vielschichtigkeit des Lebens – (so lese ich in Kommentaren).
Am Anfang des Buches Kohelet ist Rede vom König, der alles besitzt und doch erkennen muss, dass das alles keinen Wert hat und der Drang nach „mehr“ niemals befriedigt wird.
„Alle Bäche gehen zum Meer und das Meer ist nie voll“.
Auch vermehrte Anstrengung wird anscheinend nicht von Befriedigung und Glück gekrönt, höchstens kurzzeitig.
„Als ich aber ansah alle meine Werke, die meine Hand getan hatte, und die Mühe, die ich gehabt hatte, siehe, da war es alles eitel und Haschen nach Wind und kein Gewinn unter der Sonne.“
Der bekannteste Gedanke aus dem Predigerbuch – bereits von der DDR-Rockgruppe Puhdys besungen lautet: Jegliches hat seine Zeit, Steine Sammeln, Steine zerstreun…
Meine Freundin ist schön – als ich aufstand ist sie gegangen ….
So heißt es für mich in diesem Lied weiter und ist mir unvergessen. Dieser Gedanken habe ich erst verstanden, als die erste Liebe vorüber und zerbrochen war – und genau das kann geschehen, wie wir alle wissen.
So gut es ist, nicht allein zu sein, so sehr es Gott freut, kann es doch geschehen. Es kann geschehen, das Beziehungen zerbrechen, eine Liebe in einer Ehe längst tot ist. Aber sie hatten sich versprochen: bis der Tod euch scheidet …. Und an diesem Gesetz halten sie nun fest obwohl die Liebe längst gestorben ist. Das finde ich traurig.
Und es kann sein, dass ein Mann einen Mann liebt und eine Frau eine Frau liebt und es kann noch vieles dazwischen sein. Nur weil darüber in vergangenen Zeiten niemand sprach oder zu reden wagte, heißt das nicht, das es das nicht gab.
So singt Andre Heller wohl in dieser Einsicht und in Liebe zum Leben: Ich will das es alles gibt, was es gibt.
Und, so denke ich, auch Gott will das, denn wenn Gott die Welt hätte anderes haben wollen, mit weniger Vielschichtigkeit, weniger Dimensionen, weniger Fülle, weniger Farben, so hätte Gott die Welt anders gemacht.
Gott hat die Welt mit ihrer Vielschichtigkeit gemacht und in ihrer Vergänglichkeit – letztlich in ihrer Unvollkommenheit.
Unverhohlen führt mir das der Prediger mit diesen Worten heute vor Augen.
Kohelet 12, 1ff:
Denk an deinen Schöpfer in deiner Jugend, ehe die bösen Tage kommen und die Jahre nahen, da du wirst sagen: »Sie gefallen mir nicht«; 2 ehe die Sonne und das Licht, der Mond und die Sterne finster werden und die Wolken wiederkommen nach dem Regen, – 3 zur Zeit, wenn die Hüter des Hauses zittern und die Starken sich krümmen und müßig stehen die Müllerinnen, weil es so wenige geworden sind, wenn finster werden, die durch die Fenster sehen, 4 wenn die Türen an der Gasse sich schließen, dass die Stimme der Mühle leise wird und sie sich hebt, wie wenn ein Vogel singt, und alle Töchter des Gesanges sich neigen; 5 wenn man vor Höhen sich fürchtet und sich ängstigt auf dem Wege, wenn der Mandelbaum blüht und die Heuschrecke sich belädt und die Kaper aufbricht; denn der Mensch fährt dahin, wo er ewig bleibt, und die Klageleute gehen umher auf der Gasse; – 6 ehe der silberne Strick zerreißt und die goldene Schale zerbricht und der Eimer zerschellt an der Quelle und das Rad zerbrochen in den Brunnen fällt. 7 Denn der Staub muss wieder zur Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat. 8 Es ist alles ganz eitel, sprach der Prediger, ganz eitel.
Diese eindrückliche bildhafte Schilderung des Alterns, des schwach Werdens, der Vergängnis könnte ich als warnenden Ruf verstehen. Ich könnte verzagen in Anbetracht dieser Einsicht in Vergänglichkeit, könnte dagegen protestieren, mich damit nicht abfinden wollen.
Nein nicht als Warnung, nicht verzagend oder protestierend will ich diesem Text entgegnen, ich will ihn nehmen als ein Lob auf das Leben. Das klingt paradox und doch ist es vielleicht die beste aller Möglichkeiten das Leben zu preisen, das oft hart ist und doch so unendlich reich und erfüllt. In den Worten Kohelets ist vieles genannt, was mein Leben ausmacht: die Freuden der Jugend, an die ich erinnert bin und hier nicht ausbreite – Sie hatten hoffentlich alle welche. Es sind die Zeiten des Lebens, in denen ich mich kraftvoll fühlte oder fühle, Momente die lichtvoll waren, voll Musik und Schönem, Tage an denen ich Berge mühelos erklimmt habe und den Blick in die Weite genießen konnte – daran bin ich erinnert – dankbar und ehrfürchtig vor Gott, der all das geschenkt hat – mir diese Welt eröffnet hat und sagt: Alles für dich gemacht zur Freude!
Und so die Freude spürend, auch im Alter, das sein kann wie der Gipfel eines Berges, den ich erklommen habe und auf all das schaue, was hinter mir liegt, auf die riesige Fülle an Schönem die ich an guten Tagen gesammelt habe und weiter sammeln möchte.
Danke, liebes Leben, so hat Raisa H. ihr Buch genannt in dem sie ihre Lebensgeschichte mit Krieg und Heimatverlust und Aufbrüchen, Irrtümern und Verlusten aufgeschrieben hat. Jetzt wird sie wohl mit 96 Jahren sterben. Und sie wird sterben in dem Glauben, dass ihr Leben nicht nur gedruckt aufgehoben ist für einige Generationen, sondern im Buch des Lebens bewahrt ist.
So dichtete Gerhard Fritzsche 1942, was dann als Choral vertont wurde::
Alles ist eitel, du aber bleibst, und wen du ins Buch des Lebens schreibst. Du aber bleibst, du aber bleibst.
Alles ist eitel, du aber bleibst, du aber bleibst, du aber bleibst,
und wen du ins Buch des Lebens schreibst.
Und so glaube ich, hat Gott uns alle durch Christus in das Buch des Lebens geschrieben. Amen.