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Pfingstsonntag 2023
Predigt zur Konfirmation in Anlehnung an Joh 14, 15-19,26.27
Liebe Konfirmandinnen und liebe Konfirmanden, liebe Pfingstgemeinde!
Wie ist nun eigentlich für heute der richtige Dresscode?
Das konnte ich in einem Gespräch vorab nur so beantworten, dass es hierfür keine Bestimmung gibt, außer für uns (Gottesdienstleitende):
Talar (Gelehrtenrock Luthers) und entweder Bäffchen oder bei Frauen Kragen oder Stola und wenn Stola, dann heute am Pfingsttag ROT (so haben wir beide uns auf die Stola geeinigt)
Grundsätzlich ist das für Euch schon schwieriger und ich erinnere mich noch an den nicht unanstrengenden Kauf diverser Kleider für unsere Töchter für diverse Anlässe.
Grundsätzlich sind solche Entscheidungen aber noch die einfacheren.
Eins aber lässt sich heute schon sagen, es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass Ihr Euch entscheiden musstest und nicht nur für die Kleiderfrage.
Häufig gibt es im Leben solche Momente, wo du dann fragen wirst, „was soll ich tun“.
Weiter zur Schule gehen oder alles hinschmeißen, Lehre und bestmöglichen Verdienst oder Studium und vage Aussichten, die da oder die da oder der da mit welcher/ welchem zusammen gehen und gar heiraten ... das alles könnten Momente von schwierigen Entscheidungen sein.
Was das Leben als Ganzes anbelangt, so wage ich Euch heute einen Spruch vorzuhalten, der vielleicht anders als erwartet nicht aus der Bibel ist, sondern den ich mit einer Postkarte einst von einer Freundin bekommen habe und den ich gern weitergebe:
Du fragst mich, was soll ich tun? Und ich sage, lebe wild und gefährlich, Artur.
Mein Gott, Artur! Was für ein Typ!
So wie er (auf dem Bild) zu sehen ist, scheint er der geborene Verlierer, der Antiheld schlechthin.
So – ziemlich ab getickt – möchte niemand dastehen. Aber der Rat fürs Leben hört sich nicht schlecht an: Lebe wild und gefährlich!
Jetzt hat er aber wirklich den unpassendsten Moment für diesen Spruch gewählt, werdet Ihr vielleicht denken und Euren Eltern mag bei einem solchen Rat zum Konfirmationsgottesdienst doch etwas mulmig werden.
Vielleicht ist aber dieser Artur Euch, Euren Eltern, uns allen viel näher, als es zunächst scheinen mag. Denn auf Rat und Ermutigung sind wir immer wieder angewiesen, wenn es um Lebensentscheidungen geht, die immer wieder anstehen werden.
Da sind die erwähnten Entscheidungen nach dem schulischen Abschluss, nach dem Beruf, nach Freunden, nach einer Partnerin, einem Partner in einer Beziehung.
Was soll ich tun, für welchen Weg soll ich mich entscheiden?
Lebe wild und gefährlich! Damit ist nicht leichtsinnig gemeint, sondern überlegt und entschieden und ja, das ist auch immer irgendwie risikobehaftet.
Ein Weg ohne Risiko und Wagnis kann bequem sein, wird aber auch schnell langweilig.
Wer nur auf Sicherheit setzt und nur bekannte, eingefahrene Wege gehen will, der läuft Gefahr, den Reichtum des Lebens zu verpassen, die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten nicht zu erkunden.
Das Gefühl, etwas durchgestanden zu haben, eine Erfahrung gemacht zu haben, weiter gekommen zu sein, sind ohne Risiko und eine gewisse Bereitschaft zum Abenteuer nicht zu haben.
Darum: Lebt in diesem Sinne wild und gefährlich! Laßt Euch nicht schrecken von Unwägbarkeiten! Traut Euch und vertraut auf Eure Kräfte, Euren Instinkt, Euer Können, Eure Fähigkeiten!
Das gehört heute zu den guten Wünschen, die ich Euch auf den Weg geben möchte.
Amen – kommt an dieser Stelle noch nicht,
denn das hieße Euch allein Euch selbst überlassen,
und schnell könnte Euer Gesichtsausdruck wie der Arturs sein, in dem ich auch Skepsis, Unsicherheit und etwas Angst erkenne.
Skepsis, Unsicherheit, Angst kommt auf, wenn ich allein auf Wagnis und Abenteuer setze, denn das kann auf unheilvolle Weise einen Menschen überfordern, ins Unglück stürzen.
Als Mensch brauche ich auch Sicherheit und Geborgenheit, etwas, woran ich mich festhalten und orientieren kann. Und so ist die Angst auch ein guter Ratgeber: Eine Warnung vor Gefahren, denen niemand gewachsen ist.
Damit Leib und Seele keinen Schaden nehmen, brauchen wir zu aller Abenteuerlust und Risikofreudigkeit ein Gegengewicht.
Zum Abenteuer die Sicherheit, zur Wildheit die Ruhe, zur Entdeckungsfreude das Wissen, ein zu Hause zu haben.
Und das hat etwas mit Menschen zu tun, die Euren Weg begleiten, Euch beistehen, Eure Erfahrungen mit Euch teilen, Euch entgegenkommen.
In der alten Geschichte, als das Volk Israel durch das Schilfmeer zog war es Mose, der ihnen zuwinkte inmitten des tosenden Meeres und an dem sie sich orientierten.
In den vielen Erzählungen der Evangelisten ist es Jesus aus Nazareth, an dem sich die Jünger, Frauen und Männer orientierten und den sie auch oft nicht oder missverstanden.
Jesus öffnete den Blinden die Augen, das sie eine Perspektive bekamen, er öffnete den Tauben und Verstummten die Ohren und schenkte ihnen die Kraft zu mutiger Sprache, er half den Gelähmten auf, wenn sie sich selbst aufgegeben hatten.
Und dann war er, Jesus, plötzlich nicht mehr da, zumindest nicht mehr fassbar.
So erlebten es die Jünger Jesu damals.
Das kann und wird im Leben geschehen, dass eine/ einer auf den ich alles gesetzt habe, plötzlich nicht mehr da ist.
Und doch weist das heutige Evangelium darauf hin, dass keine und keiner allein wie eine Waise zurückbleibt.
Dafür steht Gott ein mit einer Kraft die tröstet, die erinnert und die Furcht nehmen will.
Das feiern wir heute am Pfingsttag.
Diese Verheißung auf die Kraft Gottes ist eine starke Ermutigung gegen die Angst.
Eine Ermutigung für das Wagnis des Lebens.
Eine Zusage für gelingendes Leben zwischen Geborgenheit und immer neuen Aufbrüchen ins Ungewisse.
Darum lege ich Euch heute ans Herz für die Wege, die vor Euch liegen:
Lebt wild und gefährlich! Aber seid skeptisch und achtet auf die Alarmglocken der Angst. Traut Euch und Euren Fähigkeiten etwas zu! Aber überfordert Euch nicht. Und vor allem geht Euren Weg unter dem Schutz und mit dem Segen Gottes – denkt an Artur und an die Freunde von Jesus, die neuen Mut bekamen.