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Predigt zu Lukas 5, 1-11/ 2. Kor 12, 9-10
Weil das Evangelium eine starke mich auch ansprechende Erzählung ist, sollen zu Beginn Gedanken stehen, die ich so ähnlich hier schon einmal gesagt habe. Im zweiten Teil gehe ich der Frage nach, was das für mich/ uns heute bedeuten sollte.
Liebe Gemeinde,
es ist ein Gefühl, was ihn schon seit längerem umtreibt. Morgens ist es sein erster und abends sein letzter Gedanke: Irgendetwas muss anders werden. Kauf dir doch mal was Neues, hat ihm seine Frau gesagt, als er sich ihr offenbarte. Mal was Modisches, nicht immer dieses steingrau oder mausgrau oder betongrau. Mehr Farbe würde dir gute stehen. Vielleicht solltest du mal zu einer Farbberatung gehen. Er hat darauf nur gelächelt. Das sei doch etwas für Frauen, meinte er. Aber danke, dass du dich so sorgst. Dann kauf dir ein Fahrrad, oder mach meinetwegen den Motoradführerschein. Wir können uns auch ein neues Auto zulegen, wenn es unbedingt was Neues sein muss. Ja das kam ihm auch schon in den Sinn. Aber es war mehr als das. Es war etwas Substanzielleres, das ihn umtrieb. Nein nicht dass er mit seiner Ehe unzufrieden war. Und den Arbeitgeber nochmal wechseln so kurz vorm Ruhestand, kommt für ihn auch nicht in Frage. … Irgendetwas müsste anders werden. Aber was und wodurch. Im Grunde waren es die Verhältnisse, aus denen er nicht herauskam. Er konnte nun mal nicht studieren, hatte irgendwie immer die Chancen verpasst, andere waren schneller, blickiger als er. So ist das nun mal. Es kann ja nicht nur Gewinner geben. Gott hatte ihn offensichtlich nicht als Gewinner auserkoren.
Ja, und dann geschah es. Er wusch gerade die Netze aus, als sich eine Menge Menschen ans Ufer drängte. Sie wollten den Wanderrabbi hören. Und dieser sprach ihn an, er brauche eines seiner Bote. Ja, warum nicht. Da stieg Jesus in eines der Boote, das ihm, Simon gehörte, und bat ihn, ein wenig vom Land wegzufahren. Und der Rabbi setzte sich und lehrte die Menge vom Boot aus. Und als er aufgehört hatte zu reden, sprach er zu ihm, zu Simon: Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus! Und Simon antwortete und sprach: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort will ich die Netze auswerfen. Und als sie das taten, fingen sie eine große Menge Fische und ihre Netze begannen zu reißen. Alles versucht haben, etwas zu fangen, jede Nacht hinausgefahren, gehofft, geschuftet und am Morgen eine klägliche Ausbeute. Es reicht gerade so zum Überleben. Noch in der letzten Nacht war das Netz fast leer. Seine Hoffnung war auch am Ende. Was soll werden? Wohin gehen, wenn es so weiter geht. Keine Zukunft, nicht für ihn, nicht für seine beiden Jungen, nicht für die anderen aus dem Dorf. Und dann dieser merkwürdige Rabbi. Ja, er kann gut reden. Fast hätte er gesagt, er hat gut Reden, doch dann nach diesen Worten, die ihn beeindruckt hatten dies: Fahr hinaus. Und er sagte es in so tiefer Überzeugung, dass ihm gar nichts anderes übrig blieb. Allem Anschein zum Trotz, aller Erfahrung zum Trotz dann das: eine große Menge Fische und ihre Netze begannen zu reißen.
Das kann er keinem erzählen. Das glaubt ihm niemand. Dort wo nichts mehr zu hoffen war, wo der See einfach nur schwarz und tief ist, da machte er seinen größten Fang, allen seinen Widersachern und den Spöttern zum Trotz! Plötzlich gehörte er zu den Gewinnern. Wem das sagen? Allen, alle Welt soll es wissen: Es gibt immer noch etwas zu hoffen, auch über der größten Tiefe, wo nichts zu sein scheint, gibt es etwas von Gott für das Leben zu erwarten!
Ja, es allen sagen, das soll, das muss, das wird er tun.
Aber nicht nur das muss er weitersagen und von dieser Erfahrung erzählen. Es war noch etwas, das ihn seitdem nicht mehr losgelassen hat.
Es war diese Sehnsucht, die er hatte, dass etwas anders werden müsse und es war sein Unglaube, dass da nichts mehr passieren würde. Er hatte im Grunde nichts mehr gehofft.
Und das war es auch, warum er sich so schuldig gefühlt hatte. Und als er nach diesem Fang Jesus gegenüberstand, warf ihn diese Erkenntnis einfach um. Und das verblüffende war, dieser Jesus ging nicht darauf ein. Er sagte einfach: Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen.
Kein Wort zu seinen Zweifeln, kein Wort zu seiner Antriebslosigkeit, kein Wort zu seiner Bequemlichkeit. Denn ja, es stimmt irgendwie, er hatte es sich auch in seinem Selbstmitleid bequem gemacht.
Dieser Jesus schaute ihn an. Und in seinem Blick war nichts Vorwurfsvolles. Sein Blick war voller Verstehen, als wüsste er wie es einem wie ihm geht. Und sein Blick war so mutmachend. Es war ein Blick, der nach vorn, nur nach vorn gerichtet war. Als würde er die Zukunft für ihn, den Fischer Simon schon sehen, wie er andere lebendig fangen wird – hatte er das gesagt? Wie war das Wort, das er zu ihm sagte? Zogreo – nein nicht lebendig fangen, sondern Menschen beleben. Andere wird er beleben. Ja wie er selbst durch den Blick Jesu belebt wurde, so will er auch andere beleben.
Und so ging er mit ihm.
Ja, liebe Gemeinde, das ist ein Stück der Lebensgeschichte des Simon Petrus und auch irgendwie ein Stück meiner Lebensgeschichte und vielleicht auch ein Stück Ihrer Lebensgeschichte, die ich so ähnlich vor fünf Jahren in einer Predigt aufgezeigt habe.
Und gerade in diesem Jahr in dessen Mitte wir sind, zeigt sich mir, wie wichtig, wie nötig es ist, Menschen zu finden, die sich für die Sache Jesu ansprechen, sich dafür einbinden lassen und so etwas von der Hoffnung und dem Glauben an Gottes Heilswillen in die Welt tragen.
Nun ist aber die Sache Jesu heute mehr als das Wort Gottes verkünden. Vielleicht war es das damals auch mehr als das. Zu dem Wort gehört das Tun. Und da gibt es unendlich viele und große Aufgaben:
Die Kinder in unseren Gemeinden brauchen dringend jemanden, der/ die sie begleitet, die Konfis ebenso, die Gemeinden unserer Region brauchen jemanden, unsere Gemeinde braucht viele Tuende.
Wir brauchen Gemeindepädagogen, PfarrerInnen, wir brauchen Menschen im Besuchsdienst, gern auch Bausachverständige, Manager für all das Organisatorische …
Am besten einen, der/ die über alles den Überblick hat und die Fäden in der Hand hält.
Eigentlich möchten wir die ideale Gemeinde sein mit Angeboten für alle, abwechslungsreich, erbaulich, erweckend mit starker Ausstrahlung in unsere Stadt.
Nun das sind wir nicht, höchstens ansatzweise. Und den starken voranschreitenden führenden Hirten haben wir auch nicht. Und für die einen sind wir zu unfromm, für die anderen zu konservativ, für manche zu politisch, für einige zu unpolitisch, zu links oder zu bürgerlich, für wieder andere kurzum zu kirchlich.
Ja das sind wir. Irgendwie für alle etwas, vielleicht zu unklar, im Grunde einfach zu schwach. Wir sind eine schwache Kirche.
Und dazu will ich stehen, das wir so sind, wie wir sind. Genau so sind wir wie die Jünger damals die von Jesus Ausgewählten.
Wir sind trotz manch starker Projekte eine schwache Gemeinde.
Ich glaube, wir sind nicht anders, nicht besser, wohl auch nicht schlechter, als die Jünger von einst.
Und so höre ich das Wort des Apostels Paulus der erkannt hat: meine Kraft liegt in der Schwachheit.
Nein das ist kein Alibi gemäß dem Motto: ich kann da eh nichts machen und die da oben oder irgendwer bestimmt es.
Ich kann immer etwas machen. Ich kann immer etwas versuchen in aller Unvollkommenheit. Und am Ende wird uns niemand allein danach beurteilen, was für großartige Kirchen wir haben. Entscheidend ist, wie überzeugend wir sind.
Worauf kommt es am Ende an: Die Autorin Doris Dörri hörte ich diese Woche in einem Film: Es kommt am Ende darauf an, das man geliebt hat, und vielleicht noch, dass man sein Potential entfaltet hat.
ja, dass man geliebt hat, genügend Zeit mit denen verbracht hat, die einem wichtig sind.
Diese sehr profane Einsicht deckt sich mit dem wunderbareren Gedanken des Paulus: Glaube, Liebe Hoffnung, diese drei, aber die Liebe ist die Größte unter ihnen –
Was immer ich tue, will ich in Liebe tun, egal, wieviel, wie wenig es ist. In Liebe getan, wird das kleinste zum Großen, das Unvollkommene zum Vollkommenen, das Schwache zu Starken.
Daran glaube ich. Amen.