Auf ein Wort / Lesepredigten
1. Advent_2024
Ewigkeitssonntag_2024
Vorletzter Sonntag_2024
Drittletzter Sonntag_2024
22. Sonntag nach Trinitatis_2024
21. Sonntag nach Trinitatis_2024
20. Sonntag nach Trinitatis 2024
Erntedank
18. Sonntag nach TRinitatis_2024
16. Sonntag nach Trinitatis
15. Sonntag nach Trinitatis_2024
14. Sonntag nach Trinitatis_2024
12. Sonntag nach Trinitatis_2024
10. Sonntag nach Trinitatis_2024
9. Sonntag nach Trinitatis_2024
8. Sonntag nach Trinitatis_2024
7. Sonntag nach Trinitatis_2024
5. Sonntag nach Trinitatis_2024
4. Sonntag nach Trinitatis_2024
3. Sonntag nach Trinitatis_2024
1. Sonntag nach Trinitatis_2024
Trinitatis_2024
Pfingsten_2024
Kantate_2024
Jubilate_2024
Quasimodogeniti_2024
Karfreitag_2024
Lätare_2024
Estomihi_2024
Sexagesimae_2024
Letzter So. nach Epiphanias 2024
3. So. nach Epiphanias 2024
2. So. nach Epiphanias 2024
Epiphanias 2024
Neujahr 2024
Silvester
1. Weihnachtstag 2023
Christvesper
4. Advent - Heilig Abend
3. Advent 2024
1. Advent 2024
Ewigkeitssonntag_2023
Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres
Zur Eröffnung der Friedensdekade
22. Sonntag nach Trinitatis
Predigt zu 1. Joh 2, 12-14
Liebe Gemeinde!
Ich weiß, dass ich nicht immer die Wahrheit sage.
ich weiß, dass ich manchmal Wasser predige und Wein trinke.
Ich weiß, dass ich mitunter nichts sage, wo ich etwas sagen müsste.
Ich weiß, dass ich oft auch etwas sage, wo ich eher schweigen müsste.
Ich weiß, dass ich ungerechte Verhältnisse durch meine Lebensweise im Grunde billigend in Kauf nehme.
Ich weiß, dass ich die Luft verpeste mit Abgasen, dass ich zu einem schmutzigen Fußabdruck in der Ökobilanz beitrage.
Ich weiß, dass ich mir und anderen manchmal etwas vormache.
ich weiß, dass ich manchmal Gedanken habe, die ich nicht haben will.
Ich weiß, dass mitunter schnell über andere urteile.
Ich weiß, dass ich mich mehr als nur einmal anderen gegenüber schuldig gemacht habe.
Ich weiß, dass ich manches auch nicht wieder gut machen kann.
Jetzt ist es genug, höre ich eine andere Stimme in mir.
Ja, du könntest den Katalog fortsetzen;
Deinen Predigthörenden damit auch ein schlechtes Gewissen machen, denn sie sind Menschen wie du.
Ließ vielmehr was da steht. Und so lese ich:
Liebe Kinder, ich schreibe euch, dass euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen.
Da stocke ich, mag nicht weiterlesen.
Denn das klingt fromm, denke ich. Und irgendwie gefällt es mir nicht. Auch wenn es mich zum Glauben an den vergebenden Gott ermutigen soll, so will ich keine pauschale Amnestie und will auch nicht als reuiger Sünder im Gottesdienst sitzen.
Ich fühle mich als Mensch und ja, ich leide unter meiner Unvollkommenheit. Und ich fühle mich oft meinen Gefühlen ausgeliefert:
Wenn ich sehe, wie jüdische Geschäfte beschmiert werden, wie gegen jüdische Menschen in unserem Land Stimmung gemacht wird, spüre ich in mir Ohnmacht und Wut und denke, die müsste man einfach rauswerfen aus unserer Gesellschaft.
Und wenn ich Lügen und Hassparolen lese im Internet, spüre ich Wut und denke, die das verbreiten, den müsste man 10 Jahre Internetverbot erteilen.
Und wenn ich die Milliardäre auf Ihren Jachten sehe, packt mich die Wut und ich wünsche Ihnen Haarausfall und Pickel und ich weiß nicht was.
Und dann sage ich mitunter am Küchentisch: Wenn ich Bundeskanzler wäre … ich brauche aber gar nicht weiter zu reden, denn meine Frau sagt da schon: Zum Glück bist Du´s nicht!
Mich packt aber mitunter diese ohnmächtige Wut. Und ich weiß, das ich mich nicht von Hassgefühlen dieser Art beherrschen lassen möchte.
Und so ich lese den ganzen Briefabschnitt über die Zeilen hinaus, die für den heutigen Sonntag zu bedenken sind. Da geht es um Menschenliebe, nämlich:
Wer sagt, er sei im Licht, und haßt seinen Bruder, der ist noch in der Finsternis.
10 Wer seinen Bruder liebt, der bleibt im Licht, und durch ihn kommt niemand zu Fall.
11 Wer aber seinen Bruder haßt, der ist in der Finsternis und wandelt in der Finsternis und weiß nicht, wo er hingeht; denn die Finsternis hat seine Augen verblendet.
Ja, denke ich, ich möchte nicht durch Finsternis verblendet sein und mich von Hassgedanken bestimmen lassen.
Ich möchte aber auch nicht schweigen. Ich möchte sagen, was nötig ist gegen allen sich ausbreitenden Hass, gegen Menschenfeindlichkeit und Antisemitismus.
Es tut mir darum gut das unser Wirtschaftsminister Robert Habeck Worte gefunden hat, die genau das auf den Punkt bringen.
Da fällt mein Blick wieder auf den Briefabschnitt, der heute zu bedenken ist. Darin heißt es weiter:
Liebe Kinder, ich schreibe euch, daß euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen.
13 Ich schreibe euch Vätern; denn ihr kennt den, der [a] von Anfang an ist. Ich schreibe euch jungen Männern; denn ihr habt den Bösen überwunden.
14 Ich habe euch Kindern geschrieben; denn ihr kennt den Vater. Ich habe euch Vätern geschrieben; denn ihr kennt den, der von Anfang an ist. Ich habe euch jungen Männern geschrieben; denn [a] ihr seid stark, und das Wort Gottes bleibt in euch, und ihr habt den Bösen überwunden.
Bei diesem Weiterlesen ärgere ich mich erneut. Es zeigt mir, wie unverständlich es heute ist, einen Brief der zweitausend Jahre alt ist und dem man es auch anmerkt hier einfach zu verlesen. Zum einen sind hier Männer angesprochen und jeder einigermaßen in der Zeit stehende Mensch muss sich fragen, welches Gegenüber hatte der Briefschreiber vor Augen? Die Menschen aller Generationen müssen angesprochen und aufgerufen sein, das Böse zu überwinden.
Zum anderen lese ich, dass sie, die Adressaten den Bösen (bereits) überwunden haben.
Ja, wenn es mal so wäre. Wenn allein nur die Christenmenschen den oder das Böse überwunden hätten, wenn sie ohne Machtansprüche das Evangelium gelebt hätten, wie anders würde dann die Welt aussehen?
Wenn Christenmenschen die Worte der Schrift beherzigen würden wie es im Propheten Micha heißt:
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
So steht es auch im 5. Buch Mose, in der Tora, dem Gesetz Gottes.
Ein Gesetz Gottes, das f+r Verbindlichkeit im Miteinander steht. Das heißt darauf soll ich mich verlassen können. Darum Gesetz und zwar eines, das heilig ist, das zu feiern ist, weil es das Leben und das Miteinander, die Gemeinschaft schützt.
Gefeiert wird das Gesetz Gottes in den jüdischen Gemeinden als letzter der großen Feiertage im Oktober –– simchat Tora – Freude der Tora – heißt dieses Fest.
Es wird die Freude ausgedrückt, dass wir die Tora, das Gesetz Gottes haben und damit eine Verbindlichkeit, dass damit gerechte Beziehungen wachsen können und das Miteinander gelingen kann.
Diese Feier war in diesem Jahr am 7. Oktober. Darum haben Menschen getanzt, wie es auch in Synagogen an diesem Tag üblich ist. Wie der Tag in diesem Jahr ausging, wissen wir. Nichts zählt das Gesetz Gottes für manche.
Und wir Christen haben dieses Gesetz, diese Richtschnur des Handelns im Grunde übernommen.
…. und auch für Chrsiten hat es oft nichts zu bedeuten geahbt, wurde bewußt übertreten. In schlimmster Weise geschah das im November 1938 und all dem was auf die Reichspogromnacht folgte.
In jener Nacht wurden die Torarollen, die fünf Bücher Mose, Wort Gottes und alles was jüdischen Mitmenschen heilig war ins Feuer geworfen, am Ende die Menschen selbst.
Ein Adolf Eichmann organisierte die Transporte in die Vernichtungslager mit deutscher Gründlichkeit und der Überzeugung, das Richtige zu tun.
Niemals tut man das Böse so vollkommen, wie wenn man es mit einem guten Gewissen tut.
Das ist das noch einmal auf den Punkt gebrachte Dilemma. Ein Dilemma, dem wir – Gott steh uns bei – nicht wieder verfallen dürfen.
Dieses Dilemma, dem Bösen zu verfallen ist eine Gefahr für alles Miteinander und jede, jeder von uns sollte nicht sagen, er oder sie sei dagegen immun.
Grundsätzlich ist aus der Verstrickung von Schuld und Sünde nicht heraus zu kommen
Durch Jesus, durch das Evangelium bin ich befreit. Ja und Nein.
Ja, wenn ich es lebe, nein, wenn ich es als Ablass- oder Freibrief verstehe.
Wenn ich als Christ heute das Evangelium zur Hand nehme, dann will ich mich erinnern, dass es der Jude Jesus war, der selbst das Gesetz nicht weggeworfen, sondern erfüllt hat. Und uns zur Erfüllung aufgerufen hat. Kehrt um!
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott. Nichts anderes hat Jesus gelebt. Damit ist uns vor Augen geführt, dass wir nicht hoffnungslos in Schuld und Sünde gefangen sind, sondern befreit zu tun, was Gott geboten hat.
Allem Anschein zum Trotz, allem Herbstgrau zum Trotz, aller trüben Stimmung zum Trotz, all dem Terror und Hass zum Trotz: Versuch es immer wieder:
Versuche gut zu sein, widerstehe dem Bösen, lebe gerecht, sei gütig, gib weiter von dem Geschenk des Lebens, verschenke dich, es macht dich reicher.