Auf ein Wort / Lesepredigten
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Predigt zu Matthäus 17, 1ff
Nun hängt der Stern heute am letzten Sonntag nach Epiphanias nur noch in wenigen Wohnungen. Bei uns zu Hause hängt er noch. Ich zögere das Verpacken der Weihnachtssachen gern etwas hinaus.
Ich zögere es hinaus, weil ich dieses warme Licht der Weihnacht, diese Zeit in der die Welt irgendwie heilvoller erscheint, mir gut tut.
Es ist mir, als wäre Gott besonders nahe. Gewiss nur ein Gefühl, vielleicht etwas melancholisch, aber ich bin nicht der Einzige, der solche Momente der Nähe Gottes braucht und sucht.
Es gibt da gewiss mehr Möglichkeiten als die Weihnachtszeit.
Eigentlich ist es ja schon der Sonntag nach christlicher Tradition in der uns Gott besonders nahekommen kann.
Nach jüdischer Tradition ist es der Schabbat. So habe ich in einem Kommentar Predigtmeditation im christlich-jüdischen Kontext) gelesen:
Der Schabbat ist nicht um der Wochentage willen da, die Wochentage sind um des Schabbats willen da. Er ist kein Intermezzo, sondern Höhepunkt des Lebens.
››Man muss immer in Erinnerung behalten, dass der Schabbat keine Gelegenheit für Ablenkungen oder Leichtsinn ist; kein Tag, um ein Feuerwerk abzubrennen oder Purzelbaum zu schlagen, sondern eine Gelegenheit, unser zerrissenes Leben zu heilen, Zeit zu gewinnen, nicht aber zu vertreiben«
››Der siebte Tag ist wie ein Palast in der Zeit mit einem Königreich für alle. Er ist kein Kalenderdatum, sondern eine Atmosphäre«.
Diese jüdische Lesart bestärkt mich in dem, was mir für meinen Glauben wichtig ist: Gott nahe zu sein, Gott zu spüren.
So ging es wohl auch Petrus und Jakobus und Johannes.
Oder Jesus ahnte, dass sie das brauchen und er nahm sie mit auf den Berg.
Und dieses Hinaufsteigen auf den Berg und die dortige Begebenheit, die Verwandlung findet nach sechs Tagen statt. Das ist kein Zufall. Nach sechs Tagen kommt der Schabbat.
Dieser Moment der Verklärung oder Verwandlung ist ein Moment außerhalb der Zeit. Alles steht still.
Alle und alles bleit stehen. Die Menschen auf Straßen, in Kaufhäusern scheinen still zu stehen. Der Vogel am Himmel scheint sich nicht zu bewegen, kein Blatt rührt sich. Die Welt um mich herum steht still.
Ich kenne solche Momente. Vielleicht sind es Einbildungen. Für mich sind es, wenn ich genauer darüber nachdenke irgendwie heilige Momente, die mich ahnen lassen, dass es mehr gibt, als das, was ich üblicherweise von der Welt wahrnehme.
Und ich bin kein Mystiker, aber in manch solchen Augenblicken
wird manchmal deutlich, was wichtig ist, worauf es ankommt, wo etwas offenbar wird:
So muss es auch bei jenen damals, die ganz dicht dran waren an Jesus, gewesen sein. Eigentlich war für sie klar was ER ist. Er ist ihr Rabbi, ihr Meister. Einer der die Dinge auf den Punkt bringt. Einer, der klar ist in dem was er sagt und tut. Einer der sich in der Tora auskennt, der kluge Antworten auf oft naive Fragen weiß, einer dem keiner zu klein oder zu groß ist, dass er sich ihm zuwendet. Ein Menschenfreund, einer, der immer wieder überrascht, etwa wenn andere Rabbis mit ihm theologische Spitzfindigkeiten austauschen wollen oder gar wenn ein todkranker ihn um Hilfe bittet oder er mit einer fremde Frau am Brunnen ein Gespräch anfängt.
So ist er. Und er ist waghalsig, kennt keine höhere Instanz als Gott allein und fürchtet die Römer noch lange nicht.
Ja so sahen sie, seine Anhänger ihn, Jesus von Nazareth. Sie hatten ihr Bild von ihm, wie ich auch und Sie. Und wenn einmal das Bild steht, so ist das auch eine Art des Verpackt seins. So habe ich Jesus verpackt in meinem Kopf. (Andere, die nichts von ihm und dem Christentum halten haben so natürlich auch ihr verpacktes Bild).
Und heute, wo der Weihnachtsfestkreis zu Ende ist, wird für einen Augenblick der Vorhang gehoben und ich sehe für einen Moment ein neues Bild von Jesus – ich sehe ihn als Christus, Messias, Retter.
Matthäus beschreibt dieses Sehen als ein Sehen des Sohnes Gottes an dem Gott Wohlgefallen hat. – Als Verklärung Jesu – ist jenes Ereignis bekannt.
Ein Moment, in dem etwas offenbart wird. Eine Gottesbegegnung oder Offenbarung Gottes. Sie widerfuhr Mose, auch einst auf einem Berg, der verstand, worauf es ankam: Das Volk Israel aus der Gefangenschaft herauszuführen. Die Offenbarung geschah Elia. Elia sah, dass trotz allen Versagens und Schuld er nicht entlassen ist aus seiner Verantwortung als Prophet. Das war seine Gottesbegegnung.
Und nun sehen Petrus und Jakobus und Johannes, dass Jesus es ist, der den Tod überwinden wird. Sie begreifen es in den Stimmen von Mose und Elia, die obwohl längst gestorben, zu Jesus sprechen.
Dieser Moment ist ein Ruf zum Leben. Heute am letzten Sonntag nach Epiphanias ein Ruf zum Leben und damit zur Auferstehung und damit ein Ausblick auf Ostern.
Und da es diese Erzählung aus dem Matthäusevangelium mit einem mal auch ein Ruf an mich.
Es ist der Ruf: Steh auf und fürchte dich nicht!
Es ist ein Wort Jesu, ein Wort, das mir vertraut ist. Aus der Weihnachtsgeschichte kenne ich es auch schon: Fürchtet euch nicht.
Da von Engeln gesprochen, hier von Jesus. Hier von Jesus gesprochen ist es gesagt von ihm, der sich seines Weges, der ans Kreuz führt, der sich Endlichkeit als Mensch bewusst ist. Er sagt: Fürchtet euch nicht.
Und er sagt es nicht als Gott, verkleidet als Mensch für den das Sterben ja nicht so schlimm ist. Jesus sagt es als Mensch, er verstand sich nämlich als Mensch, als Menschensohn.
Und für jeden Menschen ist das Sterben nichts, was man leichtfüßig hinter sich bringt. Es ist ein Abbruch. Ein radikales Ende alles Bisherigen.
Aber gegen alle Angst vor diesem Ende steht der Ruf: Fürchtet euch nicht!
Woher nimmt Jesus diese Furchtlosigkeit? Und mehr noch, wie kann er die anderen und mich davon überzeugen?
Es sind die Worte des Mose und des Elia. Es sind Worte einer lebendigen Tradition die auf die Menschlichkeit und auf Gottes Nahesein vertrauen.
Es ist darin der Ruf zum Leben, Ruf zur Nachfolge, zu dem, was jetzt dran ist.
ES sind Worte, die die Zeit durchbrechen.
Und so sehe ich beeindruckt, wie am Schoahgedenktag in ganz Israel die Zeit unter und damit durchbrochen wird.
Für zwei Minuten steht alles still.
Menschen, Autos, Maschinen, alles steht still.
Wir brauchen solche Momente damit sich Geschichte nicht wiederholt. Wir brauchen Momente des Innehaltens, des Stillstehens.
Wir brauchen Momente mit Ewigkeitscharakter.
Und so träume ich in diesen Momenten davon, dass kein Schuss, keine Rakete abgefeuert wird, kein Mensch sterben muss, alles Kriegsgeschrei ein Ende hat.
Gott halte die Welt an, damit die Welt heil wird, damit die Menschen sich auf ihr Menschsein besinnen.
Gott halte die Welt an, damit wir uns auf den Frieden, auf Deinen Schalom besinnen. Amen.