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Predigt zu Amos 5, 21-24
Liebe Gemeinde!
Wer erlaubt sich Gottesdienste und Gemeinde in Frage zu stellen?
Wer erlaubt sich die Lieder in Frage zu stellen?
Wer erlaubt sich die Kollekten- oder Opferpraxis in Frage zu stellen?
Amos, der Prophet.
Natürlich geht es nicht um unsere Gottesdienste, Lieder, Sammlungen oder gar um Kirche, Bischöfe, Pfarrer.
Es geht Amos um die Gottesdienstpraxis insbesondere die Opferpraxis in Israel, wenn in unserem heutigen Predigttext zu lesen ist:
Ich bin euren Feiertagen gram und verachte sie und mag eure Versammlungen nicht riechen.
22 Und wenn ihr mir auch Brandopfer und Speisopfer opfert, so habe ich kein Gefallen daran und mag auch eure fetten Dankopfer nicht ansehen.
23 Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören!
24 Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.
Die Darbringung eines Opfers, der damit verbundene liturgische Gehalt, der Ritus hat eine Berechtigung, aber nur, wenn auch der ethische Aspekt, nämlich Recht und Gerechtigkeit verwirklicht werden.
Soweit die Kurzzusammenfassung dessen, was mir über diesen Abschnitt aus dem Amosbuch heute nennenswert ist.
Die Predigt könnte jetzt die unrechtmäßigen Verhältnisse zur Zeit des Amos, die Beugung des Rechts, die Verarmung der Menschen aufgreifen und einen Entwurf für gerechtes Leben für uns Christen in der Nachfolge Jesu beschreiben.
Das wäre jetzt möglich und würde die eine oder den anderen ansprechen und Sie/ Ihr würdet sagen: ja, genau, so müsste es sein.
Diese Erwartung an solch eine Predigt, mag ich heute nicht so ganz erfüllen. Vielleicht anders.
Ich möchte heute angeregt durch diesen Text mit Ihnen/ Euch gern nachdenken darüber, was unser Gottesdienst und damit meine ich nicht nur diese 1 h am Sonntag, sondern unsere Gemeinde mit all ihren Diensten „zur Ehre und zum Wohlgefallen Gottes“ ausmachen sollte.
Amos löste in mir die Frage aus: Was für eine Gemeinde möchte ich mit Ihnen/ Euch zusammen denn sein?
Dazu drei Aspekte, die einst einer meiner Lehrer so benannt hat:
1. Wir sollten eine ökumenische Gemeinde sein.
2. Wir sollten eine prophetische Gemeinde sein.
3. Wir sollten eine diakonische Gemeinde sein.
Was ist eine ökumenische Gemeinde?
Ökumenisch meint „die ganze Erde umfassend“. Das heißt (mit den Worten meines Lehrers gesagt) wenn wir eine ökumenische Gemeinde sind, können wir nicht mehr provinziell sein.
Mit provinziell ist ein nur an sich denken gemeint, nach dem Verhaltensmuster: Was gehen mich die anderen an, wir haben genug eigene Probleme und müssen sehen, dass wir uns mit unseren geringer werdenden Mitteln irgendwie über Wasser halten.
Eine ökumenische Gemeinde durchbricht ein solches Denken und weitet den Blick.
Was könnten, was sollten wir in den Blick nehmen?
Eine ökumenische Gemeinde ist auch nicht zeitlos und hält aus dogmatischen oder kirchenstrategischen Gründen an Glaubenssätzen fest. Sie wagt, den Glauben neu zu formulieren ohne sich selbst Tabus aufzuerlegen. Mehr noch, neue Bekenntnisse entstehen aus einer aktuellen Situation heraus. Das zeigt die Geschichte der Reformation, das zeigt auch die Zeit des Nationalsozialismus, als das Bekenntnis von Barmen entstand. Und womöglich sind wir heute wieder in einer solchen Zeit, in der neue Worte, neue Formulierungen unseren Glauben tragbar machen.
Was könnte das für unsere Gottesdienstpraxis bedeuten?
Nehmen wir z.B. ein Bekenntnis aus der Ökumene regulär in unsere Liturgie auf?
2. Wir sollten eine prophetische Gemeinde sein.
Was ist eine prophetische Gemeinde?
Mit prophetisch ist eine stärkere Rückbesinnung auf die Propheten des AT / der jüdischen Bibel gemeint.
Und Amos als beredtes Beispiel führt vor Augen was das heißt: Er erinnert an das Recht und an Gerechtigkeit, die zu oft mit Füßen getreten werden.
Wenn wir in dieser Tradition sein wollen heißt das, dass wir der Versuchung widerstehen müssen, uns an vorherrschende Interessen und Überzeugungen anzupassen, etwa um keine Mitglieder zu verlieren. Oder dass wir gar versuchen ausgewogen und neutral sind.
„Weh euch, wenn euch die Leute loben“ warnt Jesus seine Jünger. Das heißt, dass eine prophetische Gemeinde Partei ergreift und an der Seite der Geringen und an den Rand gedrängten steht.
Das heißt auch, dass eine prophetische Gemeinde sich politisch positioniert zumindest gegen menschenfeindliche und verachtende Politik.
Daraus entsteht für mich die Frage: Wo oder wann und wie wollen/ sollten wir uns zu Wort melden hier in unserer Stadt?
Mit wem sollten wir Bündnisse schließen?
3. Wir sollten eine diakonische Gemeinde sein.
Was ist eine diakonische Gemeinde?
Mit diakonisch ist landläufig sozialer Dienst gemeint.
Den gibt es landauf landab in unserer Kirche und auch in unserer Gemeinde. Z.B. wir besuchen Menschen, es gibt die grünen Damen und Herren mit einem Seelsorgeauftrag in der Klinik.
Und wenn ich den Blick weite ließe sich über unsere Gemeinde hinaus weiteres aufzählen.
Warum nun besuchen wir Menschen?
Es soll, es darf nicht darum gehen, sie zu besuchen um sie etwa an die Kirche zu binden, um die eigene Unentbehrlichkeit unserer Institution unter Beweis zu stellen. Eine diakonische Gemeinde dient sich nicht selbst, sondern versucht für andere das mögliche. Ich erinnere an Bonhoeffers Gedanken von einer Kirche, die nur Kirche ist, wenn sie für andere da ist.
Es geht im Grunde um einen selbstvergessenen Dienst. Ich gehe zu Menschen, weil mich ihr Schicksal, das Alleinsein, die Not oder das Kranksein berührt.
Hierzu steht im neuen Gemeindebrief ein Impuls für ein neues Patenschaftsprojekt in unserer Gemeinde und soll Menschen ansprechen, die etwas brauchen und jene, die etwas geben können. Es geht nicht um Austausch von Konsumartikeln sondern um Zuwendung.
Das liebe Gemeinde war heute alles ziemlich viel. Eine große Zumutung aus einem kleinen Prophetenbüchlein angestoßen.
Es ist möglich, sich konkret zu den ersten beiden Punkten „St. Marien - Ökumenische und Prophetische Gemeinde“ zu äußern.
Zu dem Aspekt der diakonischen Gemeinde gern nach Erhalt des Gemeindebriefes.
Gern würden wir das alles zu einer in diesem Jahr noch durchzuführenden Gemeindeversammlung aufnehmen.
Ich weiß, was ich mir und anderen damit für Arbeit aufbürde, aber ich wollte nicht einfach wohlfeile Worte für den Sonntag finden an dem es um die Nachfolge Jesu geht.
Und der Friede Gottes ….
(zentrale Gedanken dieser Predigt entnommen aus: Festschrift für Günter Reese, ehemaliger Rektor des Predigerseminars Eisenach zum 60. Geburtstag)
Aus gegebenem Anlass sind Rückmeldungen zu den gestellten Fragen gern auch per mail willkommen.
hier noch einmal:
Was könnten, was sollten wir in den Blick nehmen?
Was könnte das für unsere Gottesdienstpraxis bedeuten?
Nehmen wir z.B. Bekenntnisse aus der Ökumene regulär in unsere Liturgie auf?
Wo oder wann und wie wollen/ sollten wir uns zu Wort melden hier in unserer Stadt, mit wem uns verbünden?