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Predigt zu Eph 3,1ff
Liebe Gemeinde!
Er hatte wohl eine große Begabung zum Hören. Melodien, die sein Vater auf dem Klavier vorspielte, konnte er ohne Mühen nachsingen. So dauerte es auch nicht lang, bis er die selbst am Klavier saß und spielte, was die Notenbibliothek des Vaters hergab.
Heute, nach über 40 Jahren spielt er kaum noch Klavier. Irgendwann ist es ihm vergangen. Obwohl er viel Anerkennung bekam von vielen, von seiner Mutter, von Lehrern, vom Pfarrer, selten, zu selten sagte sein Vater: Du bist richtig gut geworden. Wenn sein Vater etwas sagte, dann immer, was er noch besser machen müsse. - Wie schade dachte ich, als ich seine Geschichte hörte.
Das hast Du gut gemacht! - was für ein wichtiger und großartiger Satz! Ein Satz der nicht im Kopf bleibt, sondern das Herz erreicht. Wie fatal, wenn er ausbleibt, wie heil voll, wenn er gesagt wird. Wie sehr ein solcher Satz oder diese Art von Lob helfen, motivieren kann, habe ich erlebt. Und manche von Euch auch. Nämlich Mittwoch abends. Wenn Wenying sich müht uns anspruchsvolle Stücke nahezubringen und wir oft genug nicht den richtigen Ton, den richtigen Rhythmus, die richtige Betonung treffen. Dann noch einmal und zwischendurch immer wieder: Ja, stabil! Dabei wackelt es noch mächtig, aber sie will uns ermutigen und das schafft sie auch.
Seitdem ich in einem Chor mitsingen, das schon in MD, merke ich an mir, wie ich Musik neu lernte, wie sie mein Herz erreichte, wie Vertrauen auch in mir selbst wächst.
Was meine Mutter mir nie zutraute, zu singen, ist heute für mich selbstverständlich. Es wurde selbstverständlich durch die Ermutigung der Kantoren, die ich hatte und das Lob für unsere Kantorei.
Lob hat etwas mit dem Herzen zu tun. Und eigentlich ist das Pädagogik für Anfänger und alle, die vor der gewaltigen Aufgabe stehen, ein Kind groß zu ziehen, sollten das beherzigen. Und uns soll das heute bewusst sein, wenn wir den heutigen Predigtabschnitt, einen Briefabschnitt des Paulus an die Epheser an uns heran lassen wollen:
Groß und gewaltig stehen diese Worte vor mir,
Worte, die die Geschichte Gottes mit uns Menschen in einem Blick umfassen.
Man kann diese Worte mit dem Kopf verstehen wollen, aber man kann sie vor allem mit dem Herzen hören. Wer versucht, diese Worte mit dem Kopf zu verstehen, steht vor einer schwierigen Aufgabe.
Das geht schon damit los, dass dieser ganze Text im Griechischen ein einziger Satz ist, immer wieder neu verschachtelt und aneinandergebaut, quasi ohne Punkt und Komma.
Er ist eine bekenntnisartige Hymne auf den dreieinigen Gott.
Und man könnte vortrefflich drei Punkte predigen: ein Lob auf Gott: wir sind vom Vater erwählt, vom Sohn erlöst und im Geist erleuchtet.
Wer diese Worte so mit dem Kopf verstehen will, muss sich in die Theologie und Begriffswelt des Paulus und seiner Schüler hineinbegeben und versuchen, den Trinitätsgedanken, also die Dreieinigkeit Gottes zu durchdenken.
Das will ich jetzt nicht versuchen.
Ich will es allein schon deswegen nicht, weil diese paulinische Theologie natürlich eine ist, die aus patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen erwachsen ist.
Denn wieso ist Gott der Vater – Gott ist vielmehr als das, mehr als alles und nach meinem Glauben erst recht nicht in eine Vaterrolle zu verkleinern. Und so lässt sich die ganze Trinitätstheologie hinterfragen.
Ich will darum vielmehr versuchen uns vor Augen zu führen, wie diese Worte des Epheserbriefes Herzensworte sind, wie das Lob auf Gott auch ein Lob, ein Gloria aus meinem Herzen sein kann.
Ein Lob auf das Leben, das oft hart ist und schwer, aber auch so reich und erfüllt.
ES sind Filme wie jener jüngst gesehene von Wim Wenders: Perfect days, die mir dieses Geschenk vor Saugen führen.
Hirayama als Toilettenreiniger in Tokio ist offensichtlich mit seinem Leben zufrieden. In langsamen großartigen Bildern wird sein Alltag gezeigt, wie er morgens liebevoll seine Pflanzen gießt, sich an der Sonne erfreut, auf dem Weg durch das hektische Tokio in sich selbst zu ruhen scheint. Er reinigt Toiletten, setzt sich in der Pause auf eine Bank, betrachtet die Bäume und hat seinen Fotoapparat dabei und von manchem Blick auf einen Baum macht er ein Foto. Vielleicht einfach auch um das Wunderbare irgendwie festzuhalten.
Und da spüre ich plötzlich als Zuschauer dieses Filmes:
ich bin es doch, der es genauso empfinden kann und mitunter empfindet: neben all dem ungerechten und traurig machenden sind Momente des wunderbaren, großartigen zu erleben.
Und eigentlich will ich mich täglich darauf besinnen:
Ich kann den Boden unter meinen Füßen spüren, einen Händedruck eines anderen, den Kaffee am Morgen, den Duft einer Blume –
So finde ich den Anschluss an die Gedanken des Apostels Paulus:
Den ganzen Reichtum seiner Gnade kann ich täglich erfahren -
und all meine Unzulänglichkeit ist nicht schlimm – sie gehört zu meinem Menschsein – Gott hat mich so gewollt, so erwählt,
– und all meine Unzulänglichkeit führt nicht zu einer Verurteilung, sondern zu einer Erlösung. Dafür steht Christus. Das zu erkennen, dazu will die Geistkraft Gottes helfen.
Wenn ich mir meines Lebens und Gottes Heilswillens darin bewußt werde, wenn ich gar nach Krankheit, nach seelischen Tiefen plötzlich wieder den Boden spüre, der mich trägt, kommt ein Loblied aus meinem Herzen.
Georg Friedrich Händel, an den gerade wieder in Halle zu den Händelfestspielen gedacht wird, hielt es nicht zurück, dieses Halleluja – das aus seinem Herzen kam und aufschwang um andere Herzen zu erreichen -
Es muss nicht das Halleluja von Händel sein, vielmehr gerade das, was aus meinem Herzen fließt, ist das richtige.
Bei Paulus, waren es jene Briefworte, die schwer mit dem Verstand, aber leichter mit dem Herzen zu verstehen sind.
Und genau gesehen ist es bei Paulus nicht nur ein Loblied auf Gott.
Wörtlich übersetzt heißt es: Gesegnet sei Gott! Segen bedeutet: Zeichen von Glück und Gedeihen und Bewahrung. Das will Gott für uns. Aber Gott segnen – kann das ein Mensch? Ja, ich glaube, ich kann Gott zurückgeben, kann Gott Antwort geben auf den Segen, das Lob, die Liebe, die ich erfahren habe.
Gott Antwort geben geht, in dem ich selbst Teil werde des Lobpreises:
Einstimmen in die Lieder, die wir singen, mich dem Gebet anschließen, etwas aussäen: Frieden und Vergeben und Versöhnung säen, Zuwendung dem Einsamen, Ermutigung für den Mutlosen, Lob für den Bemühten
So kann ich mich vom Geist Gottes in den Segen hineinnehmen lassen und selbst zum Segen und zum Segnenden werden –